
Bevor ich mich auf diese drei Gebiete der Moral, der Ethik und der Ökologie beziehe, möchte ich meinen Weg kurz beschreiben, der nämlich aus gesundheitlichen Gründen so erfolgte.
Ich bin aufgrund einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse erfolgreich zur kohlenhydratarmen, später zur ketogenen und schließlich zur rein tierischen Ernährung gekommen. Als Außenseiterin in unserer veganen und vegetarischen Welt betrachte ich inzwischen viele Dinge von außen. Und es fällt mir unheimlich schwer, die zunehmende Einseitigkeit und Idealisierung der Ernährungsthemen in der Öffentlichkeit zu ertragen.
Das einzige öffentliche Thema, das ich vollkommen unterstütze, ist der Kampf gegen die Massentierhaltung und jegliche Tierquälerei, die sich mit der Tierhaltung verbindet.
Die Annahme aber, dass man sich als Vegetarier und Veganer eine weiße Weste erkaufen kann, halte ich für schwer verwerflich und auch für geradewegs falsch. Man ist bei dieser Ernährungsweise allein auf den Ackerbau angewiesen. Betrachtet man unsere Erde, so sind darauf allerdings circa zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen Weiden und Graslandschaften. Das liegt nicht daran, dass den Landwirten in diesen Regionen Viehhaltung lieber ist, sondern es liegt am Nährstoffgehalt der Böden und am Klima. Für den Ackerbau benötigt man nämlich eine Mindestmenge an Feuchtigkeit und eine Mindestmenge an Nährstoffen im Boden, die höher sein muss als in der Weidehaltung.
Und damit sind wir bereits mitten in der Problematik der tierfreien Ernährung. Es ist nicht nur so, dass man einen Großteil der landwirtschaftlichen Flächen nicht mehr nutzen könnte, sondern es wird eine hohe Menge an Dünger im Ackerbau benötigt, um den nach jeder Ernte sinkenden Nährstoffgehalt ausgleichen zu können! Das nützt natürlich der Chemieindustrie. Auch kommt man im Ackerbau kaum umhin Pestizide und Fungizide zu sprühen, auch nicht im biologischen Anbau. Das nützt wieder der Chemieindustrie. Im Ackerbau werden große landwirtschaftliche Maschinen benötigt. Das nützt dem Landmaschinenbau. Jegliche geerntete Produkte aus dem Ackerbau müssen verarbeitet werden. Vom Getreide zum Brot, vom Hafer zum Müsliriegel, von der Sojabohne zur Tofuwurst liegt jeweils ein langer meist industrieller Fertigungsprozess dahinter, ganz abgesehen von den Transportwegen. Hier freuen sich Nahrungsmittelindustrie und Transportindustrie. Über den CO2-Ausstoß all dieser angesprochenen Vorgänge wird selten geredet. Viele Ackerflächen oder auch Obst- und Nussplantagen müssen bewässert werden. Dieser Raubbau an den Wasserreserven vielerorts soll moralisch vertretbar sein? Der überaus weite Transport dieser Nüsse und exotischen Früchte aus südlichen Regionen ist ebenfalls zu berücksichtigen. Hiermit wurde also die ökologische Bilanz gezogen, die im Vergleich zur Weidehaltung für den Anbau pflanzlicher Produkte immer negativ ausfällt.
Jetzt kommen wir zur ethischen Haltung, die ja im Vegetarismus oder gar im Veganismus vielfach beschwört wird. Der erste ethische Zweifel müsste Ihnen bereits im vorigen Abschnitt begegnet sein. Nämlich das Ausbringen von Pestiziden. Vielleicht ist das ein Grund, weshalb das Bienensterben hierzulande beklagt werden muss? Doch egal welche Form des Ackerbaus, auch im biologischen Anbau kommt man nicht umhin Pestizide auszustreuen und tötet damit schon einmal viele Insekten. Das sind aber nicht die einzigen Tiere, die sich auf einem Feld tummeln. Es gibt viele Nagetiere und Wildtiere, die sich dort aufhalten. Wildtiere kommen ab und an unbeabsichtigt in die Fänge der landwirtschaftlichen Maschinen. Nagetiere müssen allerdings in jeder Form des Ackerbaus bekämpft werden, um die Ernte zu sichern. Es müssen Fallen und Gifte ausgestreut werden, um Mäuse und weitere Nagetiere fernzuhalten. Viele Tiere, wie Hasen, die sich ein paar Monate an dem Getreide oder Gemüse eines Feldes satt gegessen haben und dadurch Nachwuchs großziehen konnten, müssen nach der Ernte vor Hunger sterben. Jedem Gemüsebauern ist bewusst, dass sein Anbau nicht ohne Opfer aus der Tierwelt möglich ist. Und mal ganz ehrlich: Der Tod durch Gifte, Fallen oder Hunger ist grausam.
Warum werden diese Argumente nirgends angesprochen? Mir scheint, dass dies an den eigentlichen Einflussreichen unserer Welt liegt. Das sind große Konzerne. Kaum ein Nahrungsmittelkonzern wie Nestlé, Kellogg’s, Mars, Unilever, Kraft, usw. vertreibt tierische Produkte. Die Marge dahinter ist zu gering. Tierische Produkte sind bereits in der Herstellung sehr teuer. Jene Konzerne bezahlen aber die Werbung in Zeitungen und Zeitschriften. Sie unterstützen die Universitäten mit Forschungsgeldern. Ähnliches gilt für die Pharmaindustrie, weshalb der gesundheitliche Wert einer vegetarischen Ernährung auch beleuchtet werden sollte. Doch das ist ein noch viel größeres Feld, das ich auf meiner Internetseite mit vielen Aspekten angesprochen habe.
Die immer größere Zahl der Carnetarier macht sich deshalb auch über eine moralisch vertretbare Form der Nur-Fleisch-Ernährung Gedanken. Um unsere Ernährungsform moralisch, ethisch und auch ökologisch vertretbar zu machen, haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Weidehaltung möglichst zu fördern, denn nur dadurch wird der Eingriff in die Natur am geringsten gehalten. Regionalität zu fördern ist auch wichtig, denn nur so können Transportwege und somit auch CO2-Ausstoß vermieden werden. Stark verarbeitete Fleischerzeugnisse sollte man meiden, um auch einen industriellen Prozess der Nahrungsmittelerzeugung zu vermeiden. Und zu guter Letzt sollte man möglichst alles vom Tier verzehren, 'From Nose to Tail'. Das heißt Carnetarier schrecken nicht vor Fett, Innereien und Knochenmark zurück, sondern wir wissen deren Nährstoffgehalt zu schätzen.
„Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“. Als Fleischesserin bin ich mir meiner Sünde bewusst, allerdings sollten Vegetarier und auch Veganer sich ihrer Sünde ebenfalls bewusst sein.